Ein Haus besitzen

1. Oktober 2023

Als jemand, der keine Ahnung von Dachpfannen, Wärmedämmungen und anderen Dingen hat, die mit Häusern zu tun haben, war diese Hausbesichtigung abermaliger Beweis dieses Umstands. Da war Herr Hansen, der sich auskannte und detailliert zu berichten wusste, was sich in diesen Gemäuern alles verbarg, welche Rohre und Kabel, welche Luken und Höhlen. Er erzählte von diesem und jenem. Und als er so erzählt, wo man überall PV-Anlagen hinklatschen könnte, da merkte ich: Hab ich gar kein Bock drauf. Ist mir egal. Ich möchte das nicht.

Viel lieber möchte ich einfach im Garten herumliegen, auf dem Sofa sitzen, im Bett lümmeln und keine Sekunde darüber nachdenken, was ich mit diesem Haus alles anstellen könnte. Wie ich Strom in die Garage bekomme. Wo ich einen Wassertank verbuddeln könnte. Wie ich smarte Thermostate installiere – ach, ich muss mich setzen.

Ich muss ständig im Dachboden die Ratten jagen

Herr Hansen hingegen, der rennt stets mit einem Zollstock in der Gesäßtasche herum, immer bereit, Räume auszumessen. Zu testen, ob man da nicht doch eine neue Höllenmaschine einbauen könnte. In dieses Haus hier hat er viel Geld investiert, sagt er, und das möchte er mit dem Verkauf mindestens zurückhaben. Der Preis ist hoch: 440K für ein Reihenmittelhaus, Baujahr 1959, 120 Quadratmeter Wohnfläche. Mag sein, dass der Preis sogar angemessen ist, im Vergleich, in diesen Zeiten – aber wir müssen den Kredit abzahlen, Monat für Monat, über Jahrzehnte. Und dann muss ich ständig im Dachboden die Ratten jagen oder in Schächte kriechen, um neue Leitungen zu verlegen? Ich muss doch noch den Rasen vertikutieren, den Grünschnitt zur Müllkippe fahren, die Dachziegel lackieren und einen neuen Brunnen bohren. Und wann schaue ich Netflix?

Die rätselhaften Flecken

8. Juli 2023

Schring, schring! Ein Anruf: Was haben wir wieder falsch gemacht? Wenn Herr Keller durchklingelt, ist immer irgendwas. Letztes Mal ging es um unseren Papiermüll, dieses Mal um irgendwelche Flecken, die angeblich von unserer Kellertür zu unserer Wohnungstür führen würden. Wasserflecken, Blutflecken – wer weiß? Herr Keller heißt eigentlich anders.

Es ist vormittags, an diesem Tag haben wir unsere Wohnung noch nicht verlassen, weil unser Sohn unsere Aufmerksamkeit voll in Anspruch genommen hat. Unser schwaches Alibi zu erklären, bringt aber gar nichts: Herr Keller nimmt meine Aussage zwar «zur Kenntnis», doch überzeugt klingt er in meinen Ohren nicht. Für ihn steht wahrscheinlich fest: Herr Berger hat das ganze Treppenhaus voll getropft und möchte es nicht zugeben – dabei sind wir unschuldig! «Schönes Wochenende», brummt er in die Leitung und legt auf. Ein statisches Knistern, dann Stille.

Ich denke danach viel zu lange über diese Feuchtigkeitsflecken nach, gehe sogar runter in den Keller, um sie mit eigenen Augen zu betrachten. Bin kurz davor, die Substanz zu probieren oder sie ins Labor zu schicken. Bin ich etwa schlafgewandelt? Habe ich versehentlich Eiswürfel durchs Treppenhaus getragen, die in der Hitze geschmolzen sind? Oder wer ist der wahre Täter, die wahre Täterin? Plausibel wäre doch, dass es […] waren! Doch ich kann den schwierigen Fall nicht lösen – der Sohn möchte mir etwas erzählen. Er schaut so lieb.

Wir wollen Immos

21. Mai 2023

Während wir geduldig auf die Geburt unseres lieben Sohnes warten, schauen wir uns spaßeshalber zwei Reihenhäuser an – sogenannte «Stadthäuser». Sie sind Teil eines Neubauprojektes im Norden der Stadt: Gut angebunden, die Stadtbahn ist nicht weit entfernt, und auch der Mittellandkanal mit seiner «erholsamen Ruhe am Wasser» ist gleich um die Ecke. Wir sind also neugierig und gehen zum Open-House-Termin. An der Straße steht vor dem Haus ein alter Bulli, der als mobiles Café dient. Den Kaffee zahlen die Immo-Verkäufer, wir trinken Flat White und Cappuccino, dann schauen wir uns die Stadthäuser an (und gehen dort heimlich pinkeln).

Den Kaffee zahlen die Immo-Verkäufer

Die Eckdaten: Rund 140 Quadratmeter Wohnfläche auf drei Ebenen verteilt; der «Garten» ist winzig, die Häuser sind recht schmal. Die Nachbarn sind einem immer nahe, wenn man sich in den Garten legt. Links und rechts wird heftig gegrillt, geraucht und gestritten, gekifft und gebrüllt. Man sollte sich mögen, denke ich, als ich in diesem winzigen Garten stehe und mich hineinversetze. Es möchte mir nicht so recht gelingen. Und was kostet der Spaß eigentlich?

Ich brauch Dollars!

Variante A kostet 797.000 Euro, Variante B etwas über 800.000 Euro. Hinzu kommen insgesamt 7 Prozent für die Grunderwerbssteuer, den Grundbucheintrag und den Notar. Plus Küche, plus Kleinkram, plus Wallbox fürs Fahrrad. Die Zahlen gebe ich später spaßeshalber in einen Immo-Kredit-Rechner ein, der dann circa 3900 Euro als monatliche Rate ausspuckt. Dreitausendneunhundert Euro. Im Monat.

Exakt ist das nicht – aber die Hausnummer stimmt wohl. Es ist eine Menge Kohle für ein schmales Haus, das von außen nicht einmal sonderlich hübsch aussieht. Banal wirkt das alles, architektonisch leider kein Hingucker, finde ich. Modernes Allerlei, aber vor allem: unfassbar viel Geld für diese schmale Freiheit und die gute Lage. Und nebenan grillen sie wieder Nackensteaks, das Weber-Ungetüm ragt auf unser Grundstück, anders geht es nicht. «Ist doch kein Problem, oder?» – Ne, Andy, überhaupt kein Problem, du.

Hundeverbot

17. April 2023

In unserer alten Wohnung waren Hunde lange Zeit erlaubt. Unsere Vormieterin hatte dann auch einen, bis er starb. Wir lebten dort und fantasierten manchmal, dass wir auch einen Hund hätten, einen Malteser namens Malte. Doch dann der Schock: Plötzlich waren Hunde doch nicht mehr erlaubt – die Vermieterin hatte ihre Meinung geändert.

Ein Malteser namens Malte

Auslöser waren die Nachbarn aus dem 1. OG gewesen, sie hatten nachgefragt, ob sie einen Hund aufnehmen dürften. Das hat die Vermieterin erstaunlich vehement abgelehnt und die Diskussion damit beendet. Auch uns machte das einigermaßen traurig, aber wir fanden uns damit ab. Wahrscheinlich wollten wir in Wirklichkeit gar keinen Hund haben – das redeten wir uns fleißig ein. (Dabei war unsere Wohnung bestens für Kleinhunde geeignet, denn es gab einen direkten Gartenzugang. Die Hunde, die uns in der Zeit besucht haben, fanden das jedenfalls immer toll.)

Als sei nichts gewesen

Jetzt haben wir erfahren, dass Hunde doch wieder erlaubt sind. Die neuen Mieter von ganz oben haben neulich nachgefragt – und prompt die Genehmigung der Vermieterin erhalten. Einfach so, als sei nichts gewesen. Nachträglich sind wir schon enttäuscht: Was wäre wohl gewesen, wenn wir damals doch einen kleinen Malteser hätten aufnehmen dürfen? Unser Leben wäre ein völlig anderes.

Inzwischen wohnen wir aber in einem anderen Haus, in dem Hunde nicht erlaubt sind – und niemals waren. Das Leben als Mieter ist hart, immerhin konnte uns niemand das Kind verbieten, dass wir bald haben werden, wenngleich der Vermieter alles andere als begeistert war (sic!). Aber das ist eine andere Geschichte.