Es ist eine kleine Tradition, dass ich am 23. Dezember noch einmal in den Supermarkt gehe, um die wenigen wichtigen Sachen zu erwerben, die wir vergessen haben. Dieses Jahr brauchen wir noch eine Frischmilch, gemahlene Mandeln – und einiges mehr. Ich nehme den Einkaufswagen. (Ich hatte einmal fiebernd überlegt, dass es Einkaufskörbe mit Rollen geben müsste. Nun ja.) Es ist erstaunlich wenig los, es macht fast schon Spaß, durch den Supermarkt zu laufen; ich bin aber stets in Eile, wenn ich hier bin. Alles rein da in den Wagen. Nur die gemahlenen Mandeln sind ausverkauft. Leer. Alle. Schade. Also gehackte Mandeln stattdessen. Als Ersatz. (Sie werden ungenutzt in der Schublade landen.)
An der Kasse habe ich Glück: Kasse #2 ist noch geöffnet und ich darf mich anstellen. «Du darfst auch noch», bestätigt der Kassierer. Ich bin der letzte Kunde an dieser Kasse, was natürlich einen tollen Vorteil hat: Ich kann in Ruhe einpacken, niemand drängelt. Schön. Ich beeile mich dennoch, kann nicht anders, an der Kasse ist immer Krieg, da muss es zügig gehen. Ich habe keine Zeit zu verschwenden, ich zahle und bin weg. Raus. Draußen. Zu Hause fällt uns ein, dass zwei, drei Sachen fehlen. Soll ich also noch einmal los? Muss ich?
Später mit Frau und Sohn in den anderen Supermarkt. Dort hatten sie die gemahlenen Mandeln und noch einiges, was wir auch noch brauchten. Es war Nachmittag und der Laden war recht voll. An den Kassen also lange Schlangen. Da stehen wir. Der Sohn hat Spaß.
Am 23. Dezember noch schnell in den Supermarkt zu gehen – das ist so «eine Art Tradition», die ich seit Jahren pflege. Denn irgendwas fehlt immer, zum Beispiel TK-Croissants oder eine Milch. Also hin zu Rewe, rein da und los. Zunächst einen Korb organisieren, die sind alle weg, stehen gestapelt an der Kasse – der schiefe Turm von Rewe.
Es ist dann erstaunlich leer im Markt, nur wenige Leute streifen durch die Gänge, vorwiegend junge Leute, die noch Rotkohl (im Glas) benötigen oder Pizzen (für den Notfall). Ich kann mich nicht erwachsen fühlen, solange ich nicht mit meinem SUV einige Tage vor dem Fest zum großen Edeka fahre und alles erwerbe, was man eben braucht, um lebend über die Weihnachtstage zu kommen. Der SUV wäre von Ford und ich würde dieses Autos hassen, weil es nur Probleme verursachen würde und ich nie einen Parkplatz fände. Ich hätte eine lange Einkaufsliste dabei, die ich dann abarbeiten würde. Zöge eine Nummer an der Käsetheke. Anschließend zurück in unser Reihenmittelhaus am Rande der Stadt.
Dieses Jahr benötige ich Croissants zum Aufbacken, die sind leicht zu finden. Ich kaufe noch dies und das – ich renne doch nicht wegen einer einzigen Sache durch den Supermarkt! An der Kasse sind sie dann, die vielen Leute, sie stehen alle an. Das ist Weihnachten! Ich habe Glück: Eine zweite Kasse öffnet, ich rüber da und den Kram aufs Band ballern, piep, piep, Payback? – Ne. Ciao! Draußen fällt ein leichter Regen auf den Asphalt.
Es ist für mich eine Art Tradition, am 23. oder gar am 24. Dezember noch einmal in den Supermarkt zu schlüpfen, um drei, vier vergessene Dinge zu kaufen. Ketchup, Chips, Buchweizenmehl, Backpapier – solche Sachen. Viel mehr als das ist es selten, was sich in meinem Einkaufswagen ansammelt. Und dennoch muss ich ewig anstehen, denn alle sind da – alle, die etwas vergessen haben, und diejenigen, die ihren kompletten Weihnachtseinkauf am 23. oder 24. Dezember erledigen.
Es hat ja keinen Sinn, es gibt keine Hoffnung
«Der Laden brennt heute», sagt die Verkäuferin. Überall Menschen. Überall ein nervöses Murmeln, Meckern, Grummeln. An der Fleischtheke bildet sich derweil eine beeindruckende Schlange; an den Kassen sowieso. Menschen und Menschen und Menschen. Im Supermarkt einzukaufen, macht nie Spaß – in diesem Moment ist es so schlimm, dass es schon wieder schön ist. Denn es hat ja keinen Sinn, es gibt keine Hoffnung: Irgendwann kommt nun mal der Moment, an dem ich mich einreihen muss, anstellen muss, ganz hinten zunächst. Vier Kassen sind auf, es wird eifrig kassiert und bezahlt.
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