Als jemand, der keine Ahnung von Dachpfannen, Wärmedämmungen und anderen Dingen hat, die mit Häusern zu tun haben, war diese Hausbesichtigung abermaliger Beweis dieses Umstands. Da war Herr Hansen, der sich auskannte und detailliert zu berichten wusste, was sich in diesen Gemäuern alles verbarg, welche Rohre und Kabel, welche Luken und Höhlen. Er erzählte von diesem und jenem. Und als er so erzählt, wo man überall PV-Anlagen hinklatschen könnte, da merkte ich: Hab ich gar kein Bock drauf. Ist mir egal. Ich möchte das nicht.
Viel lieber möchte ich einfach im Garten herumliegen, auf dem Sofa sitzen, im Bett lümmeln und keine Sekunde darüber nachdenken, was ich mit diesem Haus alles anstellen könnte. Wie ich Strom in die Garage bekomme. Wo ich einen Wassertank verbuddeln könnte. Wie ich smarte Thermostate installiere – ach, ich muss mich setzen.
Ich muss ständig im Dachboden die Ratten jagen
Herr Hansen hingegen, der rennt stets mit einem Zollstock in der Gesäßtasche herum, immer bereit, Räume auszumessen. Zu testen, ob man da nicht doch eine neue Höllenmaschine einbauen könnte. In dieses Haus hier hat er viel Geld investiert, sagt er, und das möchte er mit dem Verkauf mindestens zurückhaben. Der Preis ist hoch: 440K für ein Reihenmittelhaus, Baujahr 1959, 120 Quadratmeter Wohnfläche. Mag sein, dass der Preis sogar angemessen ist, im Vergleich, in diesen Zeiten – aber wir müssen den Kredit abzahlen, Monat für Monat, über Jahrzehnte. Und dann muss ich ständig im Dachboden die Ratten jagen oder in Schächte kriechen, um neue Leitungen zu verlegen? Ich muss doch noch den Rasen vertikutieren, den Grünschnitt zur Müllkippe fahren, die Dachziegel lackieren und einen neuen Brunnen bohren. Und wann schaue ich Netflix?
Während wir geduldig auf die Geburt unseres lieben Sohnes warten, schauen wir uns spaßeshalber zwei Reihenhäuser an – sogenannte «Stadthäuser». Sie sind Teil eines Neubauprojektes im Norden der Stadt: Gut angebunden, die Stadtbahn ist nicht weit entfernt, und auch der Mittellandkanal mit seiner «erholsamen Ruhe am Wasser» ist gleich um die Ecke. Wir sind also neugierig und gehen zum Open-House-Termin. An der Straße steht vor dem Haus ein alter Bulli, der als mobiles Café dient. Den Kaffee zahlen die Immo-Verkäufer, wir trinken Flat White und Cappuccino, dann schauen wir uns die Stadthäuser an (und gehen dort heimlich pinkeln).
Den Kaffee zahlen die Immo-Verkäufer
Die Eckdaten: Rund 140 Quadratmeter Wohnfläche auf drei Ebenen verteilt; der «Garten» ist winzig, die Häuser sind recht schmal. Die Nachbarn sind einem immer nahe, wenn man sich in den Garten legt. Links und rechts wird heftig gegrillt, geraucht und gestritten, gekifft und gebrüllt. Man sollte sich mögen, denke ich, als ich in diesem winzigen Garten stehe und mich hineinversetze. Es möchte mir nicht so recht gelingen. Und was kostet der Spaß eigentlich?
Variante A kostet 797.000 Euro, Variante B etwas über 800.000 Euro. Hinzu kommen insgesamt 7 Prozent für die Grunderwerbssteuer, den Grundbucheintrag und den Notar. Plus Küche, plus Kleinkram, plus Wallbox fürs Fahrrad. Die Zahlen gebe ich später spaßeshalber in einen Immo-Kredit-Rechner ein, der dann circa 3900 Euro als monatliche Rate ausspuckt. Dreitausendneunhundert Euro. Im Monat.
Exakt ist das nicht – aber die Hausnummer stimmt wohl. Es ist eine Menge Kohle für ein schmales Haus, das von außen nicht einmal sonderlich hübsch aussieht. Banal wirkt das alles, architektonisch leider kein Hingucker, finde ich. Modernes Allerlei, aber vor allem: unfassbar viel Geld für diese schmale Freiheit und die gute Lage. Und nebenan grillen sie wieder Nackensteaks, das Weber-Ungetüm ragt auf unser Grundstück, anders geht es nicht. «Ist doch kein Problem, oder?» – Ne, Andy, überhaupt kein Problem, du.