Netzwerkfehler

18. August 2023

Wir müssen gut 15 Wochen aufs Elterngeld warten, das schrieb zumindest die Elterngeldstelle in ihrer Eingangsbestätigung. Außerdem bat sie höflichst darum, nicht nachzufragen. Während wir warten, gehen wir freitags auf den Wochenmarkt, um dort andere Eltern zu treffen und Mittag zu essen. Was auffällt: Es sind fast ausschließlich Mütter da. Vereinzelt mal ein Vater, aber nicht mehr als zwei Väter auf zehn Mütter.

Frauen vernetzen sich schneller, befreunden sich einfacher und gehen dann zusammen mit den Babys und Kleinkindern spazieren. Schon schlau! Männer können das offenbar nicht, ich auch nicht, wir stehen daneben und sind zu dumm. Sind einsame Wölfe, streifen allein mit Kind durch den Wald. Ich auch. Im Wald mit Baby in der Trage: allerdings auch ganz schön.

An diesem Freitag sind viele Babys und Mütter anbei, kein anderer Vater ist anwesend, sie müssen arbeiten oder sind in der Heimat oder zu Hause. Gleichberechtigung ist hier nicht zu betrachten. Manche Männer nehmen sich lediglich einen lächerlichen Monat Elternzeit, und dann meldet sich auch noch die Firma und verlangt die Anwesenheit in irgendeinem Scheißmeeting. Ich habe gerade drei Monate frei, später noch einmal sechs – die Firma hat zum Glück kein Problem damit. Aber eigentlich ist auch das zu wenig, denn die Zeit rast. Gestern war der Sohn noch Quark im Schaufenster, morgen zieht er aus und streunt durch die Welt. Manchmal schreibt er eine Postkarte, zum Beispiel eine aus Kathmandu.

In welcher Steuerklasse ist das Baby?

Wespen schwirren umher, Hunde bellen erregt. Die Gruppe hat einen Holztisch besetzt, einen Tisch mit zwei Bänken. Viel los mal wieder, der Markt ist beliebt und das Wetter ist einfach super. An unseren Tisch gesellen sich dann zwei ältere Frauen, die mich Standards abfragen: Wie alt ist das Baby? Wie heißt das Baby? In welcher Steuerklasse ist das Baby? Ich beantworte die Fragen gewissenhaft, denke aber heimlich: Seid leise, ich will schweigen. Dann gehe ich allein los, um Wraps zu erwerben. Und Kaffee, bin müde. Kippe mir einen Flat White in die Schnauze, vier Euro kostet der, ich gebe 4,50 Euro, weil die in meiner Hosentasche herumlagen. Der Sohn weint dann, wir gehen nach Hause.

Elterngeld, später

3. August 2023

Bürokratie macht mir immer Angst. Trotzdem habe ich es geschafft, endlich den Antrag fürs Elterngeld vollständig auszufüllen – das ging glücklicherweise über eine Website («ElterngeldDigital»), die ganz modern gestaltet ist. Kurz war ich begeistert, denn die Seite erweckte den Eindruck, alles könne digital vonstattengehen. Doch dann folgte rasch die Ernüchterung: Unser liebes Bundesland kann das leider nicht, der ganze Kram muss doch auf Papier zur Elterngeldstelle. Mehr als 50 bedruckte Blätter rauschten aus meinem Drucker. Fünfzig Seiten Papier.

Ausschließlich per Post!

Das eigentliche Antragsformular fürs Elterngeld ist 24 Seiten lang. Drei kuriose Fehler entdeckte ich im Dokument, die ich mir nicht erklären konnte. Die Website hatte die PDF-Datei erzeugt und meine eingetippten Daten und Fakten eingefügt. Nachträgliche Korrekturen waren jedoch nicht möglich: War der letzte Schritt auf der Website erreicht, gab es kein Zurück mehr. Also korrigierte ich die Fehler mit Photoshop, weil ich zu stur war, auch noch Adobe Acrobat zu abonnieren. Das angepasste Dokument samt der nötigen Nachweise trugen meine Frau und ich an einem sonnigen Tag zur Elterngeldstelle, um ein paar Euro Porto zu sparen. Außerdem brauchten wir Bewegung, der brandneue Sohn kam natürlich mit, er verschlief den Ausflug jedoch. Den Einwurf der Versandtasche feierten wir anschließend in einem Café, dort weinte der Sohn bitterlich: Er wäre beim Briefeinwurf gern wach gewesen. Er machte uns schwere Vorwürfe.

Bearbeitungsdauer: 15 Wochen. Das sind 105 Tage

Etwas lieblos fand ich die Mail, die einige Tage später in meinem Postfach eintrudelte: «Sehr geehrte Antragstellende, Ihr Benutzerkonto zu ElterngeldDigital wurde erfolgreich gelöscht.» Kein freundlicher Gruß, kein kleines Lob: «Danke, dass Sie Deutschland ein Kind geschenkt haben!» Und wieso wurde mein Konto eigentlich komplett gelöscht? Heute lag dann noch eine Eingangsbestätigung im Briefkasten, was uns ein wenig beruhigte. Das Schreiben verriet allerdings auch die durchschnittliche Bearbeitungsdauer: 15 Wochen. Das sind 105 Tage.

Nachtrag: Die Bearbeitung des Antrags hat schließlich knapp 17 Wochen gedauert.

Elterngeldformular A38

19. Januar 2023

Demnächst müssen wir uns um ein neues Formular kümmern: das Elterngeldformular. Neuerdings kommt ein bundeseinheitliches Formular zum Einsatz, es ist wohl 24 Seiten lang, schreibt die HAZ. In Hannover, wo ich lebe, «dauert es nach Angaben der Stadt knapp zwölf Wochen, bis ein Antrag bearbeitet ist», schreibt die Zeitung weiter. Und soweit ich es verstanden habe, kann man das Formular auch erst einreichen, wenn Kind und Geburtsurkunde existieren. Warum dauert der Prozess so lange? Auch, weil 85 Prozent der eingereichten Anträge «falsch oder unvollständig» seien.

Mich selbst plagt eine grausame Abscheu gegen Formulare. Trotz Abitur und Studium (aber nur Bachelor, LOL) muss ich mich beim Ausfüllen stark konzentrieren – und mache dann doch vieles falsch. Früher, als man an Bord des Flugzeugs diesen grünen Zettel ausfüllen musste, um die USA zu reisen, habe ich mir immer gleich zwei Exemplare geben lassen. Ich wusste: Das vergeige ich ohnehin. Und oft genug war es so. («Sind Sie Terrorist?» – «Ja.» Ups!)

Als ich mich vor einigen Jahren selbstständig gemacht habe, war die größte und grausamste Herausforderung dieses seltsame Formular fürs Finanzamt, das «Formular zur steuerlichen Erfassung». Ich öffnete das Dokument und dachte kurz und völlig naiv: Nice, nur eine Seite! Natürlich folgten noch Millionen weitere Seiten und Unterseiten und Anhänge. (Ich übertreibe. Vielleicht.) Mein Elster-Zugang war zu diesem Zeitpunkt noch nicht freigeschaltet, deshalb musste ich ein PDF ausfüllen, ausdrucken und es per Post ans Finanzamt schicken. Als ich schließlich Zugang zu Elster erhielt, war ich sozusagen glücklich: Das Portal ist erstaunlich gut gemacht und es erklärt, was zu tun ist.

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