Flug nach Miami, es ist das Jahr 2004. Mein persönliches Unglück entdeckte ich zu spät, dabei stand es schon auf dem Ticket: Seat 43C. Mir konnte jetzt nur noch eine göttliche Intervention helfen, eben ein schnelles Wunder. Doch nichts geschah, Gott war längst um die Ecke gebracht worden und das Universum machte einfach weiter wie bisher. Seat 43C war ein Mittelplatz. Schlimmer ist eigentlich nur ein Totalausfall der Triebwerke – also der endgültige Aufprall auf die Erdkruste.
Wir waren in Madrid gestartet. Ich spreche kein Spanisch und die Dame am Check-in hatte mein Englisch nicht verstanden – oder es nicht verstehen wollen. Sie sollte mir einen Fensterplatz geben, doch das war nicht drin, die Sache war aussichtslos. Ich schluckte meinen Frust mit einem überteuerten Sandwich runter. Es muss ein letzter Hauch von Verzweiflung gewesen sein, der mich später versuchen ließ, mit anderen Leidensgenossen ins Gespräch zu kommen. Vielleicht könnten wir eine Selbsthilfegruppe gründen oder wir würden eine blutige Revolte anzetteln, bis sie uns endlich geben würden, was wir wollten: Fensterplätze für alle, zumindest aber für mich!
Heute würden keine Köpfe mehr rollen
Stattdessen befiel uns eine allgemeine Müdigkeit, als das Boarding begann. Heute würden keine Köpfe mehr rollen. Nun sitze ich also hier auf meinem Mittelplatz, auf dem ich die nächsten acht Stunden verbringen soll. Neben mir hört ein Spanier mit einem klobigen CD-Player Musik. Die Rhythmen hämmern auf seine Ohren ein, nervös zappelt er auf seinem herrlichen Fensterplatz herum, als würde er im Sitzen tanzen. Schließlich singt er sogar leise mit. Oder weint er? Sicherlich vor Freude. Ein Absturz scheint mir nicht mehr als die große Tragödie. Aber natürlich stürzen wir nicht ab, so was passiert immer nur den anderen.