Regen fällt auf die Stadt. Heute ist Freitag, heute fährt eigentlich niemand ins Büro. Ich hingegen muss hinfahren, um mein dieswöchige Quote zu erfüllen – so wollen es die Regeln: drei Tage Anwesenheitspflicht, zwei Tage Heimarbeit. Doch meine Anwesenheit an diesem Freitag ist sinnlos: Mein Büro ist leer, da bin nur ich. Also führe ich Selbstgespräche: «Und, was machst du am Wochenende?» – «Ach, vielleicht ein wenig schlafen.» – «Schön.» Meine Kollegen dürfen zu Hause bleiben, sie haben ihre Pflicht erfüllt. Und darum geht es.
Ich konnte die Quote nicht erfüllen, denn ich war zwei Tage krank, musste also die verbleibenden drei Arbeitstage ins Büro fahren. Da sitze ich also mit feuchter Hose, eingeweicht vom Sprühregen. Hinter mir die weiße Wand, unter mir der dunkelgraue Teppich. Vor mir eine Wand aus Bildschirmen, die sind ebenfalls schwarz, denn es sind nicht meine Bildschirme – es ist nicht einmal mein eigener Arbeitsplatz, ich muss ihn mir teilen. Früher waren wir sogar zu dritt auf diesem Platz, wie in einem U-Boot, in dem sich mehrere Kerle eine Koje teilen. Es schläft immer jemand, die Matratze ist immer warm, die anderen machen U-Boot-Sachen.
Es schläft immer jemand; die anderen machen U-Boot-Sachen
Auf diesem geteilten Arbeitsplatz, diesem Shared Desk steht und liegt nichts von mir. Kein angeknabberter Stift, keine braune Pflanze, kein Familienfoto. Wenn man mich spontan entlässt, kann ich einfach aufstehen und gehen. Ich wäre einfach weg. Meine Arbeit kann ich problemlos im Homeoffice erledigen, ich arbeite nämlich nicht in einem U-Boot. Doch selbst das könnte man bestimmt sogar vom Sofa aus steuern. Aber ich weiß nichts von U-Booten.
Im Office zu erscheinen, in die Firma zu kommen, das soll den Teamgeist stärken. Ist ja auch nett: Ein wenig quatschen und zusammen essen, trinken, lästern. Absprechen, was man am Wochenende machen möchte. Doch wenn der Geist nicht im Gebäude weilt, klappt das natürlich nicht. Dann ist die Fahrt durch den Regen großer Quatsch, dann ist meine Präsenz absurd. Und trotzdem sitze ich an diesem Freitag im Büro. Hinter mir die weiße Wand, unter mir der graue Teppich. Am Ende geht es nur um die Erfüllung starrer Regeln. Das ist New Work. Oder?