Nach dem Drop-off in der Kita kann ich jetzt nicht mehr ins Café gehen: Ich muss stattdessen wieder zur Arbeit; ich muss ins Büro. Muss mit der Bahn fahren, mit den anderen, die ebenfalls irgendwohin müssen. Ich sitze also da und die Bahn fährt; einer schaut sich ein Video auf dem Handy an. Kopfhörer hat er keine, der Ton ist blechern. Studentinnen reden über ihre Hausarbeiten und Doktorarbeiten. Ich bin hundemüde und starre aus dem Fenster. Gern hätte ich ein Buch dabei, aber ich hab’s vergessen, es liegt zu Hause. Gern wäre ich woanders, gern wäre ich zu Hause. Im Homeoffice. Aber ich rumple durch den Raum.
Am Montag sitze ich allein im Büro. Da ist ein Fleck auf dem Stuhl. Fast zweitausend ungelesene E-Mails liegen in meinem Postfach. Ich bin wieder da, aber es ist egal. So ist das Arbeitsleben: Arbeitswoche reiht sich an Arbeitswoche, dazwischen liegen die Wochenenden wie Inseln in einem endlosen Ozean. Ich bin enttäuscht über das verkorkste Onboarding. Immerhin war ich ein halbes Jahr weg. Doch es ist sinnlos, das habe ich eigentlich längst begriffen – bestimmte Dinge werden sich nicht ändern. Ich werde hier niemals das Gefühl haben, wirklich angekommen zu sein. Ich muss weg hier, das weiß ich. Eigentlich.
Dienstag muss ich den lieben Sohn mittags aus der Kita abholen – sie zersägen Bäume im Hinterhof, ein Kettensägenmassaker, ein Höllenlärm, die Kinder können nicht schlafen. Also mache ich eine lange Mittagspause und der Sohn schläft in der Trage; ich laufe durch den Stadtteil wie vor ein paar Wochen schon, als ich meine Elternzeit damit verbrachte, den schlafenden Sohn durch die Stadt und durch den Wald zu tragen. Mittwoch: Arbeit; Donnerstag: Arbeit; Freitag: Arbeit. Dann Feierabend, und die erste Arbeitswoche ist geschafft – die erste Woche mit Kita und Arbeit und Einkaufen und Terminen und E-Mails und Aufgaben und–
Ich sitze in der Bahn, da sitzen die anderen Gestalten, Figuren, Menschen, Hunde. Manche lesen sogar ein Buch; ich habe meines schon wieder zu Hause vergessen. Die Sonne scheint. Der Sohn schläft noch, als ich ihn in der Kita abholen möchte.