Markttag

4. August 2023 · Wochenmarkt

Freitags ist hier Wochenmarkt. Und weil wir freitags freihaben, gehen wir dorthin, um ein Mittagessen zu essen. Wir stehen am Falafel-Stand an, der ist sehr beliebt. Es gibt Falafel-Rollen und Falafel-Teller, ich werde heute eine Rolle nehmen, die ist einfacher zu essen, wenn man ein Baby am Bauch hat, und das habe ich. (Das brandneue Baby schläft friedlich und bekommt vom Trubel nichts mit.) Die allerlängste Schlange bildet sich stets am Kaffeefahrrad, wo der Barista plappernd Espressi zieht. Der ehemalige Bürgermeister von [unleserlich] hockt da, liest Zeitung und schlürft einen Espresso.

Unterm Vorderreifen liegt der kleine Tim, der wimmert leise

Dieser Wochenmarkt ist eventuell recht elitär. Fast alles ist teuer, manches zu teuer. Und die Leute sehen alle harmlos aus. Gewöhnlich, ein bisschen bieder, teils langweilig. Alle sind weiß, alle sind Produkt- oder Projektmanager. Oder Prozessoptimierer, die selten Fleisch essen und wenn, dann bio. Schön ist der Markt trotz der homogenen Besuchermasse, vor allem die große Wiese in der Mitte des Platzes, dort toben viele Kinder herum. Am Rand sitzen müde Eltern und unterhalten sich; die Themen: Pekip, fehlende Kita-Plätze, Babymassagen, Rückbildungskurse und so weiter. Wann kackt das Kind, wie viel kackt das Kind, wann schläft das Kind?


Eine Dame steigt aus ihrem Porsche Cayenne, sie hat beschissen geparkt, aber das merkt sie nicht, unterm Vorderreifen klebt der kleine Tim, der wimmert leise, aber die Dame bekommt das nicht mit, denn sie schimpft laut mit ihrem kleinen Mops, der Prinz Pummelchen heißt. Die Dame brummt: «Platz da, du Knochen!» Sie meint mich, ich trete rasch zur Seite, lasse die Dame samt Hund durch. Das Tier ist schon jetzt außer Atem, doch das Frauchen kennt kein Erbarmen: «Komm schon!», ruft sie und Prinz P. legt einen Gang zu. Er will sterben, sofort sterben.

Von Stand zu Stand

Auf dem Markt weiß ich selten, was ich möchte, vielleicht diesen kleinen Keks für dreitausend Euro. (Haha.) Die älteren Damen hingegen, die wissen ganz genau, was sie wollen. Sie laufen mit einem in Schönschrift beschrifteten Einkaufszettel gezielt von einem Stand zum anderen, kaufen im Prinzip immer das Gleiche. Hundert Gramm dies, dreihundert Gramm das. Vögel bleiben in ihren Perlenketten hängen, eine Taube verendet qualvoll. Prinz Pummelchen will doch nicht sterben.

Es ist 13 Uhr, Schluss für heute. Dieser Markt ist für (arbeitslose) Langschläfer ziemlich ungeeignet. Der Milchmann fährt mit quietschenden Reifen davon, endlich Wochenende, Ciao Kakao! Am Brötchenstand scheint es noch Brötchen zu geben, die Dame aus dem Porsche kauft gerade drei Vollkornkrusten, dann sind wir dran – oder auch nicht, der Verkäufer reißt nämlich die Klappe von seinem Verkaufsauto herunter, zack, jetzt ist wirklich Schluss, er darf nichts mehr verkaufen, das gibt nur Ärger mit dem Marktmeister. Wir heucheln Verständnis, sind aber enttäuscht. So endet der Markttag – bis nächste Woche!

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