Es ist schon spät, wir haben Hunger. Doch jetzt noch kochen? Auf keinen Fall. Wir haben Lust auf Quesadillas, die soll uns jemand bringen. Also geschwind bei Lieferando bestellt – eine Stunde Wartezeit. Es ist Sonntag, die Leute sitzen zu Hause, schauen Blödsinn auf Netflix. Alle haben Hunger. Die Zeit vergeht, dann endlich: Der Fahrer sei wohl unterwegs. Das Live-Tracking zeigt, wie er durch die Stadt fährt. Er ist in unserer Nachbarschaft, er ist in unserer Straße.
Wie ein alter Opa, der Kinder beschimpfen will, trete ich auf den Balkon (der zur Straße geht) und gaffe. Schaue. Gucke. Will dem Fahrer winken. Aber da ist: niemand. Komisch. Das Live-Tracking behauptet, er stünde direkt vor unserem Haus. Dann springt die Anzeige um: «A. hat deine Bestellung geliefert.» Die Frage ist nur: Wem hat er die Quesadillas geliefert? Uns jedenfalls nicht. Aber wir sind doch hungrig, so hungrig.
Was wir nicht essen: Quesadillas
Es ist fast 22 Uhr, als ich unten auf der Straße stehe und verzweifelt nachschaue. Nicht, dass der Fahrer irgendwo herumliegt. Angefahren, hingefallen, was weiß ich? Aber hier ist weiterhin: niemand. Der Wind weht, es ist milder geworden, 7 Grad Celsius. Bald ist endlich Frühling, ich freue mich.
Später sitzen wir auf dem Sofa und essen Joghurt und Äpfel und Bananen. Was wir nicht essen: Quesadillas.
In der Nacht wache ich verwirrt auf und denke: Der Fahrer kommt gleich. Aber er kommt nicht, er kommt nie. Lieferando-Fahrer A. ist verschwunden, er ist durch ein Wurmloch in das Jahr 3023 gerauscht. Dort lebt er jetzt. Glücklich, satt und zufrieden.