Die Leute sagen, wir sollen die Zeit als frisch gebackene Eltern genießen. Doch so einfach ist das nicht.
Die Zeit, sie sprintet: Die erste Woche mit brandneuem Baby ist schon vorbei, geschafft, verstrichen. Es ist 3:30 Uhr, wir liegen wie Blei auf dem Teppich. Der Sohn ist hellwach, er greift in der Luft herum, ballt die winzigen Fäuste. Später zwitschern draußen die Vögel – lang nicht mehr gehört, dieses latent aggressive Trällerkonzert, das den neuen Tag einläutet. Am Vormittag kreischen dann die Kreissägen. ¶ Das brandneue Baby möchte essen, trinken; es muss essen, trinken. Es muss an Gewicht zulegen, muss stets noch mehr essen, noch mehr trinken. Und noch mehr. Und das dauert. Langsame Fortschritte, frustrierende Momente. Der Sohn kreischt wie die Kreissäge. Schreit, weint, brüllt. Er strampelt auf dem Wickeltisch, zappelt dort herum, schlägt um sich. Kann er gar nicht leiden! Kacke am Fuß, Kacke am Bein, Kacke unterm Hoden – überall Kacke. Es ist 4 Uhr. Oder 16 Uhr. Dann muss er wieder essen, trinken. Kacken. Essen. Trinken. Weinen. Kreischen. Neue Windel anlegen. ¶ Zwischendurch ist er selig, liegt nur da und staunt. Ein friedlicher Moment, er leckt seinen Milchmund ab. Lustige Gesichter macht er auch, probiert aus, lächelt scheinbar, verzieht das Gesicht. Dunkle Augen, die interessiert die Umgebung betrachten. ¶ Aus dem Schlaf gerissen: Was ist zu tun, was muss ich machen? Träume wirres Zeug, es ist 2 Uhr oder 14 Uhr. Die Windel wieder voll geballert, der Magen leer, der Sohn ist hellwach. Weint und weint und weint. Dann geht die Sonne auf und ein neuer Tag rast an uns vorbei: Freitag. Schnell etwas essen, zwischendurch ein Brot schmieren. Der Flink-Rider klingelt, er kann kein Deutsch, nicht schlimm: «Your name is Burger?!», fragt er erheitert. Fast. Die Limos zischen, die Flaschen sind offen, überall Limo im Treppenhaus. Der Boden klebt und der Rider ruft seinen Supervisor an. Überall Kacke: in den Kniekehlen, an den Füßen, neben dem Hoden, links und rechts. Der Flink-Rider düst los, holt Ersatz-Limos. See you! Tagsüber kommt ein anderer Radfahrer zu uns und bringt das Mittagessen. Es ist 16 Uhr. Keine Zeit fürs Kochen, keine Zeit fürs Saugen, keine Zeit für den Abwasch. ¶ Draußen ist Sommer. Es vergehen perfekte Tage unter einem blauen Himmel. Die Menschen essen Eis, fahren Fahrrad – meine Frau und ich stehen am Wickeltisch und wischen den Sohn sauber. Kacke überall. Und wieder von vorn. Es ist 19 Uhr, wie kann das eigentlich sein? Eben trällerten noch die Vögel um kurz nach vier.