Am Nebentisch sitzen meine Frau und ich – in elf Jahren. Da sitzen Eltern mit ihrer Tochter, die Tochter ist also elf Jahre alt. Allesamt sitzen wir beim Vietnamesen in der Fußgängerzone. Das Mädchen ruft: «Leute, Umfrage! Was soll ich nehmen?» Sie zählt die Gerichte auf, die infrage kommen; Mutter und Vater stimmen ab, sie nimmt schließlich die «E3», Erdnusscurry mit knusprigem Hühnchen.
Leicht übergriffig, aber egal
Unser Sohn isst nichts, er schläft tief und fest in seiner Trage. Die Mutter am Nebentisch starrt, gafft, guckt. Endlich fragt sie: «Wie alt?» – «Zehn Wochen», erwidern wir. Die Mutter meint, unser Sohn sei zu klein. Aha, denke ich. «In der Trage sieht er kleiner aus», erklärt meine Frau. Die Mutter schaut skeptisch, ihr Blick sagt: Glaube ich nicht, der Junge ist zu schmal, zu klein – eindeutige Sache! Leicht übergriffig, aber egal.
Die Mutter am Nebentisch starrt noch ein bisschen, dann will ihre Tochter die Aufmerksamkeit zurück, außerdem erzählt der Vater jetzt einen Witz: «Deutsche mögen ja keine Holländer», beginnt er. Nach der Pointe lacht niemand und die Tochter ruft: «Schrottwitz!» Dann sagt sie: «Darf ich mir heute etwas gönnen?» Die Mutter sagt: «Du musst aber aufessen.» Die Tochter verspricht, die ganze Portion zu schaffen. Ob sie ihr Versprechen hält, wissen wir nicht – wir bezahlen und gehen.