Wenn ich mit dem Sohn in der Trage durch die Nachbarschaft laufe, lädt das die Leute zum Gaffen ein. Sie glotzen und starren, sie schauen und gucken: ein Mann mit Baby – Wahnsinn! Manche bleiben sogar stehen, manche kommentieren. Ein älterer Herr mit Rollator rief mir neulich zu: «Da möchte ich jetzt auch rein, und ein Schluck Rotwein dazu – das geht.» Der Mann möchte also rein in meine Trage, will sich an meine Hühnerbrust schmiegen und Wein schlürfen, nuckel, nuckel, pretty gay. (Not that there is anything wrong with it.)
Ein anderes Mal rief eine ältere Dame laut: «Schläft es schon?» – «Nein», grummelte ich und fing noch einmal von vorn an, den lieben Sohn in den Schlaf zu wiegen, zu schaukeln, zu wippen. Keine leichte Aufgabe, da helfen auch solche Kommentare nicht: «Sie müssen singen!», befahl mir eine andere Frau frech.
Die Alten sollen ihre fauligen Fressen halten
Ich werde also begafft und kommentiert, die Leute beschreiben das Aussehen des Sohnes, seine «Glupschaugen», seinen Körperbau. Übergriffig und nervig finde ich das – besonders die Alten sollen ihre fauligen Fressen halten, denke ich manchmal, wenn ich angezündet die Kommentare ertragen muss. Dieses laute Gesülze. Das Kind muss doch schlafen!
«Ein Baby in der Trage», beschrieb eine andere ältere Dame ziemlich unoriginell, denn das ist zu sehen: ein Baby in der Trage. Wenn nun der Sohn ein übler Satansbraten wäre, ein Schreihals, eine Kreatur aus der Hölle, der nur weint und heult und kreischt und nervt, dann würden die Leute nicht erfreut schauen und kommentieren, niemals sagen: Oh, wie süß! Sie wären genervt von ihm, sie würden raunen, dass ich das Kind wohl nicht im Griff hätte. Kann ja noch kommen, dass der Sohn bei Rewe an Kasse #1 einen Meltdown haben wird – dann werden die Alten sicherlich nicht mehr finden, dass das doch ein süßes Ding sei. Nur die eine Frau, sie wird schreien: «Sie müssen ihm etwas vorsingen!»