Alles auspacken, nichts einpacken

24. Juni 2025

An der Kasse steht eine Frau, sie daddelt am Handy herum. Auf dem Kassenband liegen ein paar Sachen von ihr, sie hat keinen Warentrenner platziert – das hole ich nach und räume meinen Warenkorb aus, lege die Waren aufs Band, den schweren Kram zuerst. Weil ich– «Hey! Ich war noch gar nicht fertig!», nölt die Frau plötzlich. Hektisch schleudert sie dies und das aufs Band. Viel ist es nicht. «Passt doch», kommentiere ich. Die Frau erklärt, dass sie schon mal die App öffnen wollte. Aber die App wollte nicht. Ich heuchle Verständnis. Vorn kassiert der junge Kassierer in Windeseile. Ein Mann stört den Ablauf, er grummelt von der Seite, dass die Flasche nicht geht. Häh? Der Pfandautomat nimmt die nicht, erklärt er. Der Kassierer sagt ungefähr, dass es ihm egal ist. Die Frau vor mir ist dran. Sie öffnet ihre Tasche, damit der Kassierer hineinschauen kann. Wie devot. Würde ich nie unverlangt machen – dann sieht er ja das Diebesgut! (Scherz.) Die Frau zahlt bar. Natürlich. Knallt dem Knilch die Münzen hin. Hinter mir räumt ein Typ seinen Scheiß aufs Band. Salami und Kokosnüsse. Ich habe ihn auf den letzten Metern zur Kasse keck überholt, weil sein Korb so voll war. Manchmal bin ich ein Alphatier. Meistens aber nicht. Der Kassierer hat zwei Augen und eine Nase und einen Mund. Alles spitz und etwas zu rund und stark ausgestülpt. Der guckt immer so intensiv. Als würde er in den Augen der Kunden kramen und nach Schuldgefühlen suchen. Er erkennt, wer was klaut. Ich bin unschuldig und zahle mit Karte. Zücke wirklich eine Plastikkarte aus dem Portemonnaie. Kinder lachen, was macht der Obsthändler da? Die zahlen mit den Augen dann. Da ist ein Chip drin. Ich räume rasant mein Gedöns ein, das kann ich meistens gut. Baller den Krempel in den Rucksack rein. Platzt auch mal was, aber nicht heute.


Ein anderer Tag. Vor mir steht ein junger Mann an der Kasse. Er ist das erste Mal in seinem Leben in einem Supermarkt. Das ist erstaunlich: Er ist 30 Jahre alt. In seiner Hosentasche hat er eine Einkaufstasche, die er nun in aller Ruhe auspackt und entfaltet. Der Kassierer kassiert derweil in Windeseile. Der junge Mann denkt aber gar nicht daran, die Sachen einzupacken; er steht einfach da. Dann soll er bezahlen, der Kassierer murmelt etwas. Der Mann ist verwundert: «Sorry, english?» Der Kassierer verweigert eine Übersetzung, der Mann versteht dennoch: Er muss nun bezahlen. Das tut er, immerhin mit Karte, das geht zügig. Er packt aber weiterhin nicht ein, was dem Kassierer egal ist – er beginnt nun, meinen Kram einzuscannen. Ich muss zusehen, dass ich meine Produkte schnell und ohne Verzögerung in meinen Rucksack bugsiere. Der junge Mann hingegen packt seelenruhig seine Tomatendosen ein; Dose für Dose.

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