Das Brötchen fällt der Mutter aus der Hand und landet direkt auf dem Boden. Dort kullert es entlang, als sei es auf der Flucht, dann fällt es schließlich um und bleibt liegen. Das Brötchen liegt auf dem Boden der U-Bahn-Station – nicht von irgendeiner U-Bahn-Station, sondern dem Knotenpunkt Hannovers, dem Kröpcke. Die Mutter hebt das Brötchen auf, und ich erschrecke: Will sie das noch essen? Selbstmord wäre das, nicht einmal in die Hand genommen hätte ich das verseuchte Kleingebäck. Und sie will das essen? – Nein, das Kind soll, es ist sein Brötchen, das Kind schüttelt jedoch den Kopf.
«Du isst das jetzt!», fordert die Mutter. – «Nein», insistiert das Kind, dessen rechtes Brillenglas zugeklebt ist.
Das Brötchen habe Geld gekostet, argumentiert die Mutter. – «Na und», erwidert das Kind, dem der aktuelle Brötchenpreis natürlich völlig wumpe sein kann. Die Mutter gibt auf, hat erkannt, dass der Junge lieber Weingummi essen will. Kann man dem Jungen nicht verübeln: Das Brötchen ist kontaminiert, ist eine Gefahr für Leib und Leben, ist das reinste Biogift.
Hier unten in der U-Bahn riecht’s nach Pisse. Und das liegt daran, dass Obdachlose in die Ecken und Kanten urinieren; Besoffene und Punks mit Bierblasen, die sich einen Dreck darum scheren, was andere über sie denken. Einerseits sollen Kinder ja im Dreck spielen, sagen die Leute, und den Dreck auch mal essen, damit das Immunsystem gestärkt wird. Andererseits isst die Mutter jetzt das Brötchen. Hat ja Geld gekostet.